München (ots) – Die im Gebäudeenergiegesetz (GEG) vorgesehenen Neuerungen werden aktuell auf allen Ebenen und aus allen Perspektiven vehement diskutiert. Trotz der geplanten gesetzlichen Neuerungen darf die Debatte um die Umsetzung der Wärmewende nicht verfrüht zugunsten einzelner Technologien geschlossen werden. Die Wärmewende kann nur gelingen, wenn die Politik sowohl die langfristigen Klimaziele als auch die Nutzung bestehender Infrastrukturen weiter gemeinsam im Fokus behält.

 

„Die Beteiligten auf allen Seiten haben sich warmgelaufen und die Debatten über die Wärmewende sind hitzig. Das ist bei einem Thema dieser Tragweite auch erforderlich. Aber wir müssen einen kühlen Kopf bewahren und weiter technologieoffen denken. Um die Klimaziele in Deutschland langfristig zu erreichen, müssen wir bestehende Infrastruktur nutzen: Gasnetze sind verfügbar und für die Nutzung von grünen Gasen geeignet. Dieses Asset darf nicht frühzeitig öffentlichkeitswirksam ausgeschlossen werden. Für eine zielführende Transformation müssen wir im Dialog bleiben“, sagt Michael Riechel, Vorsitzender des Vorstandes der Thüga Aktiengesellschaft.

 

Klimawende braucht Technologieoffenheit und Expertise vor Ort

Die Dekarbonisierung des Wärmesektors wird nur gelingen, wenn offen auf alle Technologien gesetzt wird, die auf die Erreichung der Klimaziele einzahlen. Top-Down allein wird die Wärmewende nicht umsetzbar sein, vielmehr braucht es einen Bottom-Up-Ansatz, der die Gegebenheiten in den Kommunen und Regionen einbezieht. Je nach infrastrukturellen Voraussetzungen vor Ort bestimmt sich, welche Technologie mit dem geringsten finanziellen Aufwand und möglichst zügig zum Einsatz kommt. Richtigerweise sind in der jüngst vom Bundeskabinett verabschiedeten Novelle des Gebäudeenergiegesetzes daher mehrere Technologien als Erfüllungsoptionen verankert. Neben Heizungsanlagen auf Basis von Strom, Solarthermie, Biomasse oder Fern- und Nahwärme kommt den grünen Gasen wie Wasserstoff und Biomethan eine entscheidende Rolle zu.

 

Alle diese Bausteine sind wichtige Optionen bei der Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung durch die Kommunen. Nur wenn eine Auswahl an Technologien existiert, lässt sich die kommunale Wärmeplanung in Anlehnung an die infrastrukturellen Voraussetzungen zielführend ausgestalten. „Den Kommunen kommt ebenso wie den Gas-, Strom- und Wärmenetzbetreibern eine wichtige Rolle bei der Konzeption und Umsetzung der Wärmewende zu. Daher dürfen ihre Befugnisse auf keinen Fall eingeschränkt werden. Vielmehr müssen ihre Erfahrungen und Kenntnisse der lokalen Gegebenheiten bestmöglich und ohne Einschränkung genutzt werden. Eine planwirtschaftlich organisierte Wärmewende wird ein Rohrkrepierer“, sagt Michael Riechel.

 

Transformationsregulierung der Gasnetze erfordert Dialog

Damit grüne Gase Haushalts-, Gewerbe- und Industriekunden erreichen, muss der Gesetzgeber jetzt eine Transformationsregulierung für die bestehenden Gasnetze aufsetzen. Die Thüga Aktiengesellschaft hat konkrete Vorschläge ausgearbeitet, wie ein solcher regulatorischer Rahmen gestaltet werden kann. „Wir erwarten von der Bundesregierung den im Koalitionsvertrag angekündigten Dialog zur Gasnetztransformation zeitnah zu starten, um diesen Schritt rechtzeitig und ganzheitlich vorzubereiten. Nur einzelne Aspekte vorab herauszugreifen, die eventuell nicht in ein späteres Gesamtkonzept passen, wäre kontraproduktiv für eine möglichst effiziente Zielerreichung“, betont Michael Riechel.

 

Zentrale Voraussetzung ist, dass den Gasverteilnetzbetreibern ermöglicht wird, Wasserstoffnetze zu betreiben und zu besitzen. Um Netze flexibel umzustellen und zu hohe Anlaufkosten zu vermeiden, erscheint eine gemeinsame Regulierung am sinnvollsten. „Wir fordern die Bundesregierung auf, sich auf europäischer Ebene im anstehenden Trilog klar für das gemeinsame Eigentum und die gemeinsame Regulierung einzusetzen. Die bisherigen Ideen der EU-Kommission zur eigentumsrechtlichen Entflechtung von Gas- und Wasserstoffnetzen würden die Transformation unmöglich machen und damit kommunales Eigentum im Wert von hunderten Milliarden Euro vernichten“, sagt Markus Wörz, Leiter Energiepolitik bei der Thüga Aktiengesellschaft.

 

Wasserstoffhochlauf benötigt Flexibilität und Anreize

Die bestehende Gasnetzinfrastruktur kann klimaneutrale Gase kostengünstig zum Kunden transportieren, saisonale Schwankungen zwischen Energiebereitstellung und -nachfrage glätten und helfen, die Herausforderungen des für die Wärmewende erforderlichen Stromnetzausbaus zu bewältigen. „Die Transformation der Gasnetze muss flexibel gestaltet werden. Teile der Gasnetze werden auf Wasserstoff umgestellt, andere Teile nicht. Um angemessen verfahren zu können, benötigen wir die Option, Abschreibungszeiträume flexibel und anlagenindividuell auch im Bestand zu verkürzen. Die Kosten für die Transformation müssen möglichst geringgehalten und so verteilt werden, dass weder die verbleibenden Kunden am Gasnetz noch die Netzbetreiber überfordert werden“, erläutert Patrick Kunkel, Leiter Kompetenzteam Regulierung bei der Thüga Aktiengesellschaft.

 

Die bisherige Pflicht zum bedarfsgerechten Gasnetzausbau sollte in ein Transformationsrecht zu grünen Gasen für den Netzbetreiber überführt und um Anreize für die Kunden ergänzt werden, zu Wasserstoff zu wechseln. „Für den Übergangszeitraum spielt auch Biomethan eine wichtige Rolle. So kann die Anforderung, 65 Prozent Erneuerbare Energien in neuen Heizkesseln einzusetzen, schon erfüllt werden, bevor die Netze auf 100 Prozent Wasserstoff umgestellt werden“, sagt Patrick Kunkel.

 

Das vollständige Thüga-Positionspapier „Vorschläge für eine Transformationsregulierung der Gasnetze“ finden Sie hier. Viele der vorgeschlagenen Punkte sind unabhängig vom Umfang der tatsächlichen Umstellung auf fossilfreie Gase unverzichtbar und daher in dem nun dringend durchzuführenden Dialog mit der Branche, der im Koalitionsvertrag angekündigt wurde, zu diskutieren.

 

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