Der Benzinpreis und der Dieselpreis sind auch in der letzten Woche weiter nach oben geklettert. Laut ADAC verteuerte sich Superbenzin der Sorte E10 seit Mitte Juli um rund elf Cent je Liter, Diesel um fast 23 Cent – und nähern sich damit preislich immer weiter an. Es ist eine bemerkenswerte Aufholjagd, da Diesel in Deutschland um etwa 20 Cent niedriger besteuert wird.
Russland verbietet Ausfuhr von Benzin und Diesel
Als Erklärung für die überproportional starke Verteuerung des Dieselkraftstoffs, hilft ein Blick auf den Preis für Gasöl. Die Kurse für das Vorprodukt von Dieselkraftstoff und Heizöl sprang Ende letzter Woche kräftig nach oben und notierte zeitweise wieder über 1.000 Dollar je Tonne. Die Regierung in Moskau hatte am letzten Donnerstag überraschend bekanntgegeben, mit sofortiger Wirkung die Ausfuhr von Benzin und Diesel zu verbieten, um den heimischen Kraftstoffmarkt zu stabilisieren.
Angebotssituation bei Diesel könnte sich weiter verschärfen
Russland hat in diesem Jahr bisher täglich mehr als eine Million Barrel (a 159 Liter) Dieselkraftstoff verschifft und ist mit knappem Vorsprung der weltweit größte Exporteur auf dem Seeweg. Die Menge, die dem Markt kurzfristig entzogen werden könnte, entspricht ungefähr dem Volumen, das Deutschland in einem Jahr benötigt. Die Situation am bereits zuvor angespannten Dieselmarkt droht sich damit weiter zu verschärfen. In den USA sind die Destillate-Vorräte derzeit schon rund 15 Prozent niedriger als üblich. In der ARA-Region (Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen) liegen sie mehr als 20 Prozent unter dem 5-Jahresdurchschnitt
Ungünstiger Zeitpunkt
Die weltweite Dieselversorgung stand bereits vor der Ankündigung des russischen Exportverbots unter starkem Druck. Der Ausstoß der Raffinerien wurden durch eine Kombination aus OPEC+-Rohölkürzungen und der Nachfrage nach anderem raffiniertem Erdöl gedrosselt. Zudem sorgten technische Ausfälle in einigen großen Raffinerien für eine angespannte Marktsituation.
„Der Zeitpunkt ist wirklich sehr ungünstig“, sagte Jorge León, Senior Vice-President bei Rystad Energy, gegenüber dem US-Nachrichtensender CNN. „Saisonal gibt es eine große Nachfrage nach Diesel im Winter“, sagte er und bezog sich dabei auf die Verwendung von Heizöl für die Beheizung von Häusern. „Es gibt eine große Nachfrage nach Diesel im Baugewerbe, in der Landwirtschaft und im verarbeitenden Gewerbe, die im vierten Quartal des Jahres ansteigt“, fügte León hinzu.
Wie geht es weiter?
Russlands Entscheidung birgt zweifelsohne die Gefahr einer Unterbrechung der Kraftstoffversorgung vor dem Winter, doch wie stark die Auswirkungen sein werden, hängt davon ab, wie lange sie andauern.
Obwohl das Verbot am 21. September in Kraft getreten ist, handelt es sich nicht um einen sofortigen, harten Lieferstopp handelt. Gemäß dem Erlass können Treibstoffladungen, die bereits von der Russischen Eisenbahn zur Verschiffung angenommen wurden, oder solche mit Ladepapieren für den Seetransport weiterhin exportiert werden. Das bedeutet, dass die Dieselströme nur allmählich zurückgehen werden, während diese Ladungen verschifft werden.
Commerzbank: Exportverbot wohl nicht von langer Dauer
Nach Einschätzung der Devisenexperten der Commerzbank gibt es zwei Hoffnungen: Zum einen dürfte das Exportverbot nicht lange in Kraft sein, auch weil die Lagerkapazitäten in Russland begrenzt sind. Die Analysten verweisen darauf, dass der Stopp schon mit Abschluss der Erntesaison im Oktober wieder aufgehoben werden könnte. Zum anderen verweisen die Cobanker auf China, wo die Rohölverarbeitung im August erstmal über 15,2 Mio. Barrel pro Tag gestiegen ist. Chinas Dieselexporte waren zwar im Frühjahr nach den hohen Ausfuhren deutlich zurückgekommen, haben sich aber im Juli bereits wieder etwas erholt.
Wenn das Verbot schließlich aufgehoben wird, könnte das russische Angebot in rasantem Tempo wieder ansteigen, da die Exporteure versuchen dürften, die in den Lagern angesammelten Mengen am Markt abzusetzen.
Nachdem die Preise für Gasöl am späten Freitagnachmittag noch deutlich von ihren Tageshöchstkursen zurückgekommen waren, macht sich diese Entwicklung heute im frühen Handel auch bei den Heizölpreisen bemerkbar. Verbraucherinnen und Verbraucher im Bundesgebiet müssen im Schnitt etwa -0,65 bis -1,25 Euro pro 100 Liter weniger bezahlen als noch zu Wochenschluss.