Die Angst vor einer waschechten Energiekrise in Europa wird größer. Vor allem die Gasversorgung steht weiterhin auf sehr wackligen Beinen und könnte sich verschärfen, sollte Russland die Ostseepipeline Nord Stream 1 nach aktuellen Wartungsarbeiten nicht wieder in Betrieb nehmen. Immerhin hat Putins Regierung in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass sie bereit ist, Energie als Waffe gegen den Westen zu verwenden.

 

Nord Stream 1 vorerst vom Netz
Die wichtigste deutsche Versorgungsleitung für russisches Gas, Nord Stream 1, ging gestern turnusgemäß vom Netz, da Wartungsarbeiten durchgeführt werden müssen. Allerdings machen sich viele Beobachtern berechtigte Sorgen, dass Russland den Gashahn danach nicht wieder aufdrehen wird. Schon im Vorfeld hatte es Ärger gegeben wegen einer laut Gazprom dringend benötigten Turbine, die aber wegen der Sanktionen gegen Russland in Kanada auf Eis lag.

 

Die kanadische Regierung hat deshalb nun eine Ausnahme gewährt und die Turbine konnte geliefert werden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der die Forderung nach der Turbine als ein russisches Ablenkungsmanöver bezeichnete, zeigte sich erfreut, da man dem Kreml damit eine Ausrede genommen habe, die Gaslieferungen zu stoppen.

 

Gasknappheit könnte sich verschärfen
Doch ob die Lieferströme nach den Wartungsarbeiten tatsächlich wieder aufgenommen werden, bleibt in der Schwebe. Enden sollen diese am 21. Juli, doch die Bundesregierung scheint mit einem Lieferstopp deutlich darüber hinaus zu rechnen. Schon im Vorfeld hatte die russische Gazprom die Gasmengen durch Nord Stream 1 deutlich gedrosselt – zuletzt transportierte die Pipeline nur noch mit 40 Prozent ihrer Kapazität.

 

Euro fällt, Heizölpreise steigen
Mit der Aussicht auf eine akute Gasknappheit, die vor allem im kommenden Winter zu massiven Problemen führen könnte, macht sich trübe Stimmung an den Finanz- und Rohstoffmärkten breit. Eine Rezession, also ein konjunktureller Abschwung, wird mit zu wenig Gaslieferungen immer wahrscheinlicher und so ist der Euro in den letzten Tagen auf den niedrigsten Stand seit 20 Jahren gerutscht.

 

Dies macht sich wiederum an den Inlandspreisen bemerkbar, denn ein schwacher Euro lässt den Dollar im Gegenzug steigen und verteuert somit in Dollar gehandeltes Öl für Investoren aus dem Euroraum. Entsprechend steigen die durchschnittlichen Heizölpreise im Bundesgebiet heute etwas an und Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich im Vergleich zu gestern auf Preisaufschläge von etwa +5,80 bis +6,60 Euro pro 100 Liter gefasst machen.