Der erste Handelstag des neuen Jahres verlief an den Ölmärkten alles andere als langweilig und könnte damit ein gutes Beispiel für den weiteren Jahresverlauf gegeben haben. Nachdem die Atlantiksorte Brent und die US-Rohölsorte West Texas Intermediate (WTI) im frühen Handel aufgrund neuer Spannungen im Roten Meer um etwa zwei Dollar gestiegen waren, konnten diese Gewinne bis zum Tagesende nicht gehalten werden.
Brent-Öl gab letztlich um 1,15 Dollar auf 75,89 Dollar je Barrel nach, US-Rohöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) schloss mit einem Minus von 1,27 Dollar bei 70,38 Dollar je Barrel.
WTI mit stärksten Jahresverlust seit 2020
Mit den gestern verbuchten Verlusten knüpften Brent und WTI nahtlos an die schwache Entwicklung des Vorjahres an. WTI verlor im Jahr 2023 rund 11% und verzeichnete damit den stärksten Rückgang seit 2020. Die internationale Referenzsorte Brent verbuchte im Jahresverlauf ein Minus von immerhin noch 10%.
Produktion in China schrumpft weiter
Die zu Handelsbeginn preisstützende Meldung, dass ein iranisches Kriegsschiff im Roten Meer gesichtet worden war, verpuffte angesichts neu aufkeimender Konjunktursorgen beim weltweit zweitgrößten Ölverbraucher China. Laut aktueller Daten ist die Produktionstätigkeit in China im Dezember den dritten Monat in Folge geschrumpft. Die Volksrepublik kämpft mit einer anhaltenden Immobilienkrise und der Verlangsamung des globalen Wachstums.
Zudem scheint die Euphorie schneller Zinssenkungen durch die US-Notenbank an der Wall Street erst einmal verflogen zu sein. Niedrigere Zinssätze würden bei Verbrauchern die Kreditaufnahme attraktiver machen, was wiederum das Wirtschaftswachstum stützen und die Ölnachfrage ankurbeln würde.
Reuters-Umfrage: Öl bleibt 2024 im Bereich von 80 Dollar
Wenn es nach der Meinung von Experten geht, dürfte der gestrige Kurseinbruch eher das untere Ende der Preisspanne bei Erdöl für dieses Jahr bedeuten. Denn laut einer Umfrage der renommierten Nachrichtenagentur Reuters vom vergangenen Freitag, werden die internationalen Ölpreise im Jahr 2024 wahrscheinlich in der Nähe von 80 Dollar pro Barrel notieren.
Nach Einschätzung der 34 befragten Ökonomen und Analysten wird das schwache globale Wachstum die Nachfrage begrenzen, während geopolitische Spannungen für Unterstützung sorgen könnten.
Analysten bezweifeln Einheit der OPEC
Nur ein einziger Befragter erwartete, dass die Preise im nächsten Jahr durchschnittlich über der 90-Dollar-Marke liegen würden. Die Analysten bezweifelten, dass die Organisation der erdölexportierenden Länder und ihre Verbündeten (OPEC+) in der Lage sein werden, die Angebotskürzungen aufrechtzuerhalten, um den Markt zu stützen.
Im vergangenen Monat hatten sich die OPEC+-Ölproduzenten auf freiwillige Produktionskürzungen in Höhe von insgesamt rund 2,2 Millionen Barrel pro Tag geeinigt, die seit gestern in Kraft sind.
2024: Ölmärkte im Bann der Geopolitik
Die befragten Analysten sagten auch, dass die geopolitischen Risiken im Jahr 2024 eine größere Rolle spielen werden als im Jahr 2023 und die Ölpreise volatil halten werden.
Zu Ende des vergangenen Jahres hatten die militärischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und der Terrorgruppe Hamas Befürchtungen befeuert, dass ein sich ausweitender Konflikt die Lieferungen aus dem Nahen Osten, der größten Öllieferregion der Welt, beeinträchtigen könnte. So lösten die wiederholten Angriffe auf Schiffe im Roten Meer Befürchtungen über eine Unterbrechung der wirtschaftlich wichtigen Wasserstraße aus.
Heizölpreise verbilligen sich leicht
Angesichts der gestern nachgebenden Kurse an den Rohölmärkten, ergeben sich heute bei den den Inlandspreisen leichte Preisabschläge. So kosten 100 Liter Heizöl im Bundesgebiet, je nach Region, etwa -0,60 bis -1,20 Euro weniger als noch am Dienstag.